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Vom Stand
der Schlafforschung
Einführend ein kleiner Hinweis. Im Unterschied zur
Traumforschung, die sich mit der psychoanalytischen Seite unserer nächtlichen
Erlebniswelt auseinandersetzt, beschäftigt sich die Schlafforschung mit der physischen
Seite unserer Körperfunktionen und deren im medizinischen Sinne krankhaften
Schlafstörungen. Insofern diese Störungen einen gesunden Schlafzyklus übermäßig
beeinträchtigen, können Sie unsere ganze Schaffenskraft und Lebensenergie ausbremsen.
Bei der Abhandlung eines anderen Themengebiets (Traumforschung - Teil I) wiesen
wir bereit darauf hin, dass der Leser die Schlafforschung nicht mit der Traumforschung in
einen Topf werfen sollte. Obwohl beide Gebiete sich weittestgehend überschneiden, sind
dennoch größere Unterschiede vorhanden. Wohlbemerkt im medizinischen Sinne krankhafte
Störungen des natürlichen Schlafs. Genau genommen sollte eigentlich noch zwischen echten
Erkrankungen und hausgemachten Schlafstörungen unterscheiden werden, obwohl beide zum
Teil ein Produkt unserer lebensfeindlichen, industriellen Umwelt sind.
Ein kleiner Blick in die Vergangenheit.
Wie verlebten unsere Urahnen ihre Tage und Nächte?
Blicken wir zuerst einmal weit in die Vergangenheit zurück und betrachten das Leben
unserer Vorfahren? Wie war wohl deren Tagesablauf. Künstliches Licht war bis auf den
Schein eines Lagerfeuers nicht gegeben. Vermutlich war und ist allein schon aus diesem
Grund unser Körper darauf eingerichtet, in der dunklen Jahreszeit länger und mehr zu
schlafen. Zum einen verging so die Dunkelheit der Nacht gefühlsmäßig schneller, zum
anderen sparte der Körper während der verlängerten Schlafenszeit mehr Energie. Heute
gehen wir zum Kühlschrank und sind immer wohlgenährt, gleich ob es Sommer oder Winter
ist. Unsere Urahnen mussten sich hingegen einen Energievorrat in Form von Winterspeck im
Sommer bereits anessen. Dieser sollte dann bis zum Frühjahr reichen. Wer viel schlief,
dessen Winterspeck reichte etwas länger. Ob unsere Urahnen zeitweilig unter dem
Lichtmangel an kurzen Wintertagen psychisch litten, wissen wir nicht, es lässt sich halt
nicht mehr feststellen. Möglicherweise führte dieser Lichtmangel ja bereits in der Ur-
und Frühzeit zu Schlafstörungen in langen Winternächten, was jedoch wenig
wahrscheinlich ist.
Heute sieht es etwas
anders aus und Psychologen aus machen einer ganz allmählich anbahnenden
Frühjahrsmüdigkeit eine Winterdepression. Möglicherweise würde eine Winterdepression
gar nicht entstehen würde, könnten wir unser gesellschaftliches Leben an die
Jahreszeiten anpassen. Wer im Winter jedoch berufsbedingt ebenso lange auf den Beinen sein
muss wie in der hellen Jahreszeit, auf dem bleibt der Lichtmangel während dieser
erzwungenen Wachzeiten auch nicht ohne Auswirkungen. Wie sieht es nun mit dem
Nichtberufstätigen aus, der ja ausschlafen kann? Theoretisch könnte er ein Rentner oder
Arbeitloser den ganzen Tag verschlafen, wenn er es denn gerne möchte. |
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Doch auch bei einem Nichtberufstätigen kommt es zu
Schlafstörungen und Winterdepressionen. Ja richtig, doch auch da dürften vielfach
Auswirkungen der industriellen Gesellschaft eine große und nicht zu unterschätzende
Rolle spielen. Nur ist in diesem Fall weniger der Lichtmangel ein auslösender Faktor,
sondern mehr die soziale Isolation.
Noch einmal zu unseren Urahnen. Fünf bis sechs Frauen im kleinsten Kreise um eine oder
mehre Feuerstellen geschwätzig mit der Kinderversorgung und Nahrungsaufbereitung
beschäftigt, werden einfach keine Zeit gehabt haben, um in trübe Gedanken zu verfallen
und Depressionen auszubrüten. Und Männer, die einst in den Wintermonaten intensiver die
kürzere Hellphase der Tageszeit für die gemeinsame Jagd ausnutzen mussten, vermutlich
ebenso wenig. Anders sieht es in der heutigen Zeit mit dem Rentner oder mit dem
Arbeitslosen aus, der allein in seinen vier Wänden den Tag verbringt.
Als Beispiel soll eine Rentnerin dienen, welche an sechs Tagen in der Woche nur ab und zu
für eine Stunde beim Einkauf unter Menschen kommt. Unter diesen Menschen im Supermarkt
fühlt sie sich dennoch einsam, weil das persönliche Gespräch fehlt. Am siebenten
Wochentag dann die sehnsüchtig erwartete Abwechslung in Form des Besuches ihrer
Enkelkinder, falls die Enkel sie dann nicht doch mal wieder versetzen. Und selbst wenn die
Enkelkinder kommen, ein Ansprechpartner um dieses oder jenes Probleme loszuwerden, sind
die Enkelkinder ohnehin nicht, da sie die ganze Problematik einfach nicht begreifen oder
nicht begreifen wollen. So sind Winterdepressionen vorprogrammiert, die zu leichten
Schlafstörungen, jedoch auch zu ernsthaften Erkrankungen führen können. Eigentlich
grenzt es mehr an ein Wunder, wenn diese Winterdepressionen dann nicht chronisch werden.
Doch unsere (Beispiel-)Rentnerin verfügt noch über einen kleinen Garten, welch ein
Glück für sie. Dass erste Grün im Frühjahr bereitet allen Trübsal ein Ende und das
Gespräch mit dem Gartennachbarn wirkt wie Balsam für die Seele, nach dieser für ihr
scheinbar ach so trostlosen Zeit.
Diese Art von Winterdepressionen kennt nun nicht nur unsere Rentnerin, auch einen Teil der
Erwerbslosen dürfte es ähnlich ergehen, wobei bei letzteren noch ein sich vom
Berufsleben ausgeschlossen fühlen ein wichtiger und nicht zu unterschätzender Aspekt mit
sein dürfte. Das diese Art von Winterdepressionen bei Rentnern und Arbeitslosen zu
hausgemachten Schlafstörungen führen können, ist zumindest naheliegend. Hausgemacht
deshalb, da es nicht soweit kommen brauchte, wenn die vorhandenen sozialen Kontakte etwas
mehr gepflegt würden. Leider ist das nur nicht immer ganz so einfach.
Soweit zum Winter, mit seinen Winterdepressionen und hausgemachten
Schlafstörungen.
Doch wie sieht es mit dem Sommer aus?
Im Sommer legt sich wohl die Mehrheit aller Wesen den Vorrat für den Winter an und sei es
nur durch anessen von Reserven für Wanderungen oder für den Vogelzug. Auch müssen bei
Wildtieren bis zum Herbst die Jungen kräftig genug sein und aus dem Gröbsten heraus, um
den Winter zu überleben. Bei unseren Urahnen dürfte es sich ebenso verhalten haben. Die
Konsequenz daraus, in den Sommermonaten wurde der jetzt wesentlich längere Tag intensiver
zum Nahrungserwerb und zur Bevorratung ausgenutzt.
Doch auch dabei mussten erholsame Phasen eingelegt werde. Was hätte es gebracht mit
aufgehender Sonne auf die Jagd zu gehen und am frühen Nachmittag sich nur noch vor sich
hin zu schleppen, da alle Kräfte verbraucht. Bevor es dazu kam, da legten unsere
Vorfahren eine Erholungsphase ein. Die Zeit, in der es uns heute noch nach einem
nachmittäglichen Schläfchen zumute ist, um ausgeruht und mit frisch angesammelten
Kräften noch einmal so richtig bis in die Abendstunden hinein loslegen zu können.
Das es wirklich an dem ist und nicht nur bei Vögeln, die am frühen Morgen und am Abend
am lautesten zwitschern, während sie in der Mittagszeit fasst verstummen, nun das haben
inzwischen auch die in der Schlafforschung tätigen Mediziner herausgefunden. Unsere
innere Uhr, über die wir verfügen und insofern diese nicht durch eine Zeitumstellung
oder Erkrankung gestört ist, gibt uns die besten Zeiten für ein Schläfchen vor. Nur
ticken die Uhren der meisten Arbeitgeber in einem Rhythmus, der nicht mit unseren Wohl,
sondern mit der Vermehrung des eigenen Profits im Gleichklang schwingt.
Doch wenige hundert Jahre technischer Revolution haben nichts daran geändert, dass sich
unser Körper immer noch nach eine einem Rhythmus sehnt, der sich mit unserer einstigen
natürlichen Lebensweise vereinbaren ließe. So sinkt zum Beispiel unsere
Körpertemperatur in den Nachtstunden unmerklich um einige Zehntel Grad ab, steigt in den
Morgenstunden auf einen mittleren Wert, gibt uns dann Gelegenheit für ein
Mittagsschläfchen und beginnt danach in den späteren Nachmittagsstunden wiederum zu
steigen. Dabei handelt es sich zwar lediglich um einige Zehntel Grad oder etwas mehr, doch
unserer Körper reagiert halt darauf. Schlafforscher gehen von etwa 0,6 °C
Temperaturgefälle im Verlauf von 24 Stunden aus. Doch bei fiebrig Erkrankten kann die
Körpertemperatur in der Nacht und in den frühsten Morgenstunden um mehr als 1°C unter
der abendlichen Temperatur liegen kann. Die Werte in dieser Darstellung des Diagramms sind
nur Anhaltswerte, da die tatsächlich Durchschnittstemperatur vom Alter des Menschen
abhängig ist, sowie vom Messpunkt.
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Anmerkung zum Diagramm:
Die Berichte von Experten gehen etwas auseinander. An einigen Stellen in der Fachliteratur
wird von einem höheren Temperaturgefälle im Laufe eines Tages berichtet, wobei von
Schwankungen von cirka 1°C im Tag- Nachtrhythmus ausgegangen wird. Andere Wissenschaftler
und Autoren berichten hingegen, dass die Temperatur in den Nachmittagsstunden nicht nur
stagniert, sondern leicht fällt. |
Ein Teil der uns begleitenden Ein- und
Durchschlafstörungen kann durchaus an diesen hausgemachten Lebensproblemen auf Grund
unserer in vielen Bereichen nicht mehr natürlichen, dafür zivilisierten Umwelt liegen.
Wir hören nicht mehr auf unsere innere Uhr, die uns den biologischen Rhythmus vorgibt,
sind eingeengt in einen täglichen Zeitplan, der uns vorgegeben wird und dadurch vielfach
zum Stressauslöser Nummer Eins wird. Dass daraus chronische, gesundheitliche Störungen
erwachsen können, liegt auf der Hand. Unsere innere biologische Uhr steuert mehr, als nur
unsere Körpertemperatur.
Diese zirkadianen Rhythmen, wie man diese Vorgabeintervalle unserer biologischen Uhr in
der Fachsprache der Schlafmediziner nennt, steuern unter anderem auch unseren gesamten
Hormonhaushalt. Im Endergebnis ist vielfach nicht mehr nachweisbar, sind wir nun erkrankt,
weil wir nicht auf unserer biologischen Uhr hörten und dadurch Raubbau an unserer
Gesundheit betrieben und unser inneres Gleichgewicht durcheinander brachten, oder waren es
die Erkrankungen, welche unsere innere Uhr durcheinander brachte. Schlafstörungen können
zu Erkrankungen führen und Erkrankungen zu Schlafstörungen. So bleibt oft die Frage
unbeantwortet, was war zuerst da, die Henne (Erkrankung) oder das Ei (Schlafstörungen).
Einziger Ausweg, hören Sie mehr auf ihre innere Uhr, wenn immer es sich einrichten
lässt.
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von Schlafstörungen
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