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Moralische
Werte Moral, was ist eigentlich Moral und was sind moralische
Werte? Oft wird über Moral und moralischen Werten geredet und nicht viel weniger
geschrieben. Von Kindheit an begleiten uns diese Worte durch unser ganzes Leben, und
dennoch findet kaum einer eine eindeutige Antwort auf diese einfache Frage.
Eine Definition lautet etwa folgendermaßen. Moralische Werte sind die Gesamtheit aller
sittlichen Grundsätze, Normen, sowie Werte, die das Miteinander und zwischenmenschliche
Verhalten in einer Gesellschaft regulieren, und vom überwiegenden Teil aller zu dieser
Gesellschaft gehörenden Individuen als allgemeinverbindlich akzeptiert werden.
Um diese Definition abzurunden sollten wir den Begriff der Ethik nicht gänzlich
vergessen. Auch dieser Begriff, der sich auf die Lehre vom sittlichen Verhalten des
Menschen bezieht, fußt auf dieses Phänomen, was wir als moralische Werte bezeichnen
würden.
Uns allen wird wohl mehr oder weniger bekannt sein, dass sich Sitten und Moral im Laufe
der Menschheitsgeschichte wandelten, und eng mit den jeweils herrschenden
Gesellschaftsformen verwoben war. Das sittliche Verhalten im Mittelalter hatte sicherlich
eine andere moralische Grundlage, als in unserer heutigen Gesellschaftsform.
Woher kommen nun jedoch sittliche und moralische Werte? Wo sind die Anfänge und die
Ursprünge zu suchen? Im Tierreich wohl noch nicht. Dort gibt es weder Gut noch Böse,
weder Dankbarkeit noch Hass, somit wohl auch keine moralischen Werte. Nur geht es im
Tierreich nach menschlichen Maßstäben oftmals weitaus moralischer zu, als in unserer
menschlichen Gesellschaft.
Moralische Werte, ein Tier kennt keine. Ein Tier tötet nicht aus Habgier, nicht aus
Machthunger, nicht aus Neid. Ein Tier tötet nur des Überlebens wegen, aus reinem
Selbsterhaltungstrieb. Erst seit der Mensch sich zum Urmenschen entwickelte, lernte er als
erstes primitive Waffen als todbringendes Werkzeug zu fertigen. Auf jeder höheren Stufe
der Entwicklung des Menschen, erreichten auch die Formen von kriegerischen
Auseinandersetzungen ein höheres Niveau. Waren es anfänglich nur Stammesfehden, so war
es nur eine Frage der Zeit, bis die ersten Weltreiche mittels Waffengewallt erschaffen
wurden. Seither ist auf dieser wunderbaren Welt kein einziges Jahrzehnt mehr vergangen,
das nicht getrübt war von irgendwelchen kriegerischen Auseinandersetzungen.
Man könnte es auch einfacher ausdrücken. Die Gesamtheit unserer oft erwähnten, und noch
mehr gerühmten sittlichen Normen, Werte und Grundsätze, die eigentlich das
zwischenmenschliche Verhalten einer menschlichen Gesellschaft regulieren sollten, besteht
seit einigen Tausenden von Jahren nur daraus, sich gegenseitig in kriegerischen
Zwistigkeiten die Köpfe blutig zu hauen.
Eines der ersten Ansätze moralische Werte in Worten zu manifestieren, spiegeln sich
sicherlich in den Zehn Geboten des Christentums wieder. Könnte man zumindest
leichtgläubig meinen. Darum betrachten wir uns eines der Bekanntesten dieser Zehn Gebote
einmal etwas näher.
Du sollst nicht töten - ein jeder kennt es. Doch der Mensch tötete seit dem er Mensch
wurde nicht nur Tiere zum Nahrungserwerb, sondern auch andere Menschen und tötet
weiterhin. Wo war je dieser moralische Wert des nicht Tötens? Ist er auf der Strecke
geblieben? Nein, eines der höchsten moralischen Werte wurde nie von der Gesamtheit der
Individuen einer Gesellschaft befolgt, sowie hinter diesen die Machtinteressen einer
herrschenden Klasse standen. Dieser hohe moralische Wert war nie wirklich in der
Gesellschaft verfestigt. Ist es auch heute noch nicht, sonst würde es auf dieser Welt
mehr Wehrdienstverweigerer als Soldaten geben.
Wann gab es je moralische Werte als allgemeines Gedankengut? In der Sklavenhalterzeit gab
es keine humanistische Moral, und auch im Mittelalter waren humanistische
Moralvorstellungen nur schwer zu finden, wurden eher durch die Folter ersetzt. In der
Feudalzeit wurde jede Form humanistischer Moral und moralischer Werte durch die
Leibeigenschaft ersetzt. Gleich in welche geschichtliche Epoche wir auch zurückblicken,
die Moral bestand in der Regel immer nur aus dem moralischen Recht des
Mächtigeren, Reicheren und Stärkeren, den Ärmeren und Schwächeren für seine
Interessen zu missbrauchen und auszubeuteln, notfalls auch durch den Einsatz der Folter
diesbezüglich gefügig zu machen. Oder nehmen wir die Kaiserzeit. Andere Völker wegen
Rohstoffe zu unterjochen und zu Kolonisieren, als moralische Werte kann man selbiges wohl
kaum bezeichnen.
Sicherlich, auch dabei handelt es sich um moralische Werte, nur um niedere und nicht um
humanistische Wertvorstellungen. Niemand möchte ja behaupten, das eine primitive, nur auf
Eigennutz ausgerichtete Moral nicht auch eine Moral ist.
Gab es nun eigentlich je hohe und höchste moralische Werte? Eigentlich eher nicht, nie
und in keiner Gesellschaftsform. Einige Dichter und Denker, sowie andere fortschrittliche
Humanisten waren und sind sicherlich stets und ständig zu finden, spiegeln jedoch nicht
die Mehrheit der menschlichen Gesellschaft wieder.
Würde es der Menschheit jedoch vom geistigen Potential her gelingen, sich in Richtung
hoher und höchster moralischer Werte zu entwickeln, wie wunderbar könnte unser Leben auf
diesen eigentlich wunderbaren Planeten werden? Ohne kriegerische Auseinandersetzungen,
ohne Ausbeutung unterentwickelter Länder, ohne Machtgier und Habsucht einiger
Zeitgenossen. Doch dies wird wohl noch sehr lange Zeit ein unerfüllter Traum der
Menschheit bleiben, da sie halt noch nicht in ihrer Gesamtheit über die dazu
erforderlichen moralischen Werte verfügt.
***
Die Moral ist die Kunst des Handelns,
sie ist eine Ästhetik, deren Thema
das praktische Leben liefert:
Sie besteht darin, dem eigenen Leben
schöne Formen zu geben.
Sully Prudhomme - 1839 bis 1907
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