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Symbolische
Dunkelheit und Finsternis Wer leicht berauscht und mit mäßig
benebelten Sinnen einen kleinen Spaziergang macht, dem stört die Dunkelheit zu
mitternächtlicher Stunde kaum. Das selbst dann nicht, wenn er dabei einen abgelegenen
Waldweg benutzt. Einen eingefleischten Jäger, der zuweilen die Nächte auf einem
abgelegenen Hochstand verbringt, dürften dunkle Waldwege ebenso wenig in Panik versetzen.
Und selbst der Autofahrer, der auf einer abgelegenen Straße wegen einer Panne liegen
bleibt, wird sich mehr über den Schaden ärgern, als irgendwelche Urängste verspüren.
Dennoch, diese Urängste vor Dunkelheit und Finsternis existieren in unserem
Unterbewusstsein. Doch woher rühren diese Ängste und was haben diese mit unseren
Träumen zu tun.? Nun, es war nicht immer so, dass wir in einer durch und durch
zivilisierten Welt lebten.
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Die Bedrohung durch
Raubtiere spielte vermutlich weniger eine Rolle, da weder Bär noch Wolf dem Menschen zu
nahe kommen, wenn es sich vermeiden lässt. Dennoch, Märchen wie das vom bösen Wolf,
machten einst und zum Teil auch noch heute ihre Runde und verfehlten ihre Wirkung bei
unwissenden Menschen nicht. Märchen, Fabeln und Legenden über die verschiedensten
Naturgeister sowie über Hexen, Trolle und Feen waren vermutlich weit verbreitet und
wurden von den Menschen früherer Jahrhunderte durchaus ernst genommen.
Nicht zu vergessen sei der Teufel, der zuweilen sein Unwesen treibt und einen Wehrwolf
sollte ein nächtlicher Wanderer bei Vollmond auch lieber aus dem Wege gehen. |
Weiterhin kann der Leser davon ausgehen, dass Dunkelheit die Sinne
reizt. Von wenigen Ausnahmen und von Nachtschwärmern einmal abgesehen, sind wir Menschen
tagaktive Wesen. Dementsprechend sind unsere Sinne und unsere Fähigkeiten unsere Umwelt
wahrzunehmen, für die hellere Tageshälfte ausgelegt. Der wichtigste Sinn ist dabei unser
Sehsinn, mit dem wir unsere Umwelt erkennen. In der Dunkelheit hören wir zwar gut, doch
unser Sehsinn liefert und zu dem Gehörten keinen visuellen Eindruck. Ein leises
Geräusch, zum Beispiel in Form eines Knackens im Unterholz, kann von einer streunenden
Katze kommen oder aber auch von einem räuberischen Wesen.
Alles was wir mit unseren Sinnen wahrnehmen, nehmen wir durch Reize aus unserer
unmittelbaren Umwelt wahr. Die meisten dieser wahrnehmbaren Reize sind uns vertraut,
besonders dann, wenn uns die unmittelbare Umwelt vertraut ist. Ist uns unsere unmittelbare
Umwelt fremd oder kommt sie uns zumindest ungewohnt vor, schärfen sich unsere Sinne.
Ungewohnte Geräusche, in einer ungewohnten und in völliger Dunkelheit gehüllten
Umgebung, lösen einen Reiz in uns aus. Bei Tageslicht würde ein kurzer Blick reichen, um
die Gefahrlosigkeit einer Situation zu erkennen. Bei Dunkelheit kann unser Sehsinn jedoch
keine visuellen Signale liefern, die eine Entwarnung auslösen könnten und unsere Sinne
bleiben gereizt. Dort, wo dieser Reiz sich nicht abbauen kann, liegt eine weitere Gefahr.
Hinzukommende Reize, in Form von ungewohnten Geräuschen oder anderer Natur, können die
Situation aufschaukeln. Weiterhin besteht bei völliger Dunkelheit und Finsternis die
Gefahr, dass unsere Sinne und unsere Wahrnehmung durch Halluzinationen beeinträchtigt
wird.
Weiterhin spielen Dunkelheit und Finsternis in der Literatur als Symbole eine große
Rolle. Seitdem es Dichter und Autoren gibt, umschrieben diese in unzähligen literarischen
Werken all das, was nach menschlichen Empfinden im Verborgenen liegt, mit dem Begriff der
Dunkelheit. Dem Glücklichen, dem eine Erkenntnis zu Teil wird, derjenige kann sich
hingegen zu den Erleuchteten zählen, dem ein Lichtlein aufging. Die Finsternis ist in der
Dichtkunst ein Symbol für tiefste seelische Abgründe oder für großes Unheil.
Was all diese Vormerkungen mit unseren Träumen zu tun hat bzw. mit dem Vorkommen von
Dunkelheit und Finsternis in unseren Träumen? Nun, der Dunkelheit gehen wir möglichst
aus dem Wege, in dem wir diese mit Beleuchtungsmitteln erhellen und absolute Finsternis
meiden wir, wo es nur geht. Beides zusammen ist nichts, in dem wir ständig leben
möchten. Das erkannten nicht nur die alten Dichter, sondern nicht minder unser
Unterbewusstsein, wobei die Traumsymbole sich in etwa mit den in der Literatur
gebräuchlichen Umschreibungen decken.
Zum Beispiel, wenn wir uns
im Traum auf einer un- beleuchteten Straße befinden, kann es sehr gut bedeuten, dass wir
uns auch im realen Leben noch für keinen zukünftigen Lebensweg entschieden haben, uns
einfach noch die Perspektive für unsere Zukunft fehlt. Eine weitere Möglichkeit besteht
darin, dass unser Unterbewusstsein uns signalisieren möchte, dass unser jetziger
Lebensweg oder unsere derzeitige Lebenseinstellung uns geradewegs in eine seelische
Dunkelheit führt.
Dunkelheit kann darüber hinaus mit noch kommenden negativen Geschehnissen in Verbindung
gebracht werden, die auf uns zukommen könnten. Verwandelt sich die Dunkelheit gegen Ende
des Traumes in Licht, so dürfte sich auch in unserem Leben alles nach einer schlechten
Phase zum Gutem wenden. |
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Absolute Finsternis ist die Steigerungsform von Dunkelheit. Wie in der
Welt der Dichter und Schreiberlinge, so kann die Finsternis auch im Traum für tiefste
seelische Abgründe oder für ein großes Unheil stehen. Vielleicht möchte uns unser
Unterbewusstsein davor warnen, uns in Situationen zu begeben, aus denen wir keinen Ausweg
mehr sehen. Um welche Situationen oder seelisch belastenden Problemen es sich dabei
handeln könnte, weiß in der Regel der Träumer selbst am besten. Nur denken Sie immer
daran, alles kann, nichts braucht einzutreffen und nach jeder dunklen Nacht kommt auch
wieder ein lichter Tag.
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